Biolumineszenz von Leuchtbakterien
Die Biolumineszenz von Bakterien tritt vor allem bei
Bakterien die im Salzwasser der Ozeane leben auf. Das wichtigste Bakterium
nennt sich
Aliivibrio fischeri (ehem.
Photibacterium fischeri bzw. Vibrio fischeri).
Es lässt sich sehr leicht beobachten und auch die Kultur ist nicht
sehr aufwendig. Übergießt man einen Salzhering zur Hälfte
mit Salzwasser und lässt ihn einige Tage im Kühlschrank stehen,
so kann man im Dunkeln die Bildung von Bakterienkolonien beobachten. Eine
genaue Versuchsbeschreibung und die Kulturanleitung findet man auf der
Internetseite des
Mikrobiologischen Gartens des Institutes
für Chemie und Biologie des Meeres der Universität
Oldenburg.
Kurzanleitung: Medium für Isolierung von Reinkulturen
Um Reinkulturen zu gewinnen, überimpft man mit Hilfe von
Zahnstochern leuchtende Pünktchen vom Fisch auf ein Agarmedium mit folgender Zusammensetzung:
Trypton (10g), Hefeextrakt (5g), Glycerin (3 ml), Kochsalz (20 g),
Magnesiumsulfat (1 g), Tris-Puffer (6 g), Agar (20 g) in 1 l Wasser lösen,
pH-Wert auf 7,5 einstellen und 30 min bei 121 °C autoklavieren.
Die Biolumineszenz fängt nach ein paar Tagen an und ist bei voller Intensität etwa zwei bis drei Tage gut sichtbar.
Es gibt dabei noch eine wichtige Besonderheit zu beachten, Bakterien kommunizieren miteinander. Ein einzelnes Bakterium leuchtet nicht, aber
es scheidet in geringen Mengen einen Botenstoff aus, den Autoinducer AHL. Wenn eine gewisse Bakteriendichte erreicht ist (10
10 bis 10
11 Zellen/ml),
dann ist die Konzentration an Autoinducer in der Umgebung so groß, dass auch wieder etwas davon aufgenommen wird. Dies aktiviert wiederum ein Gen,
das wiederum die Enzyme produziert bzw. aktiviert, die für die Biolumineszenz verantwortlich sind. Die Biolumineszenz beginnt demzufolge nicht
etwa mit kleinen Intensitäten und steigert sich langsam, sie beginnt plötzlich und ohne Vorankündigung. Dieser Prozess wird als
Quorum sensing bezeichnet.
Frau Kerstin Voigt vom Institut für Mikrobiologie der FSU Jena hat
mir freundlicherweise einen Kulturkolben mit dieser Bakterienkulur zur Verfügung gestellt. Das Licht ist in
einem abgedunkeltem Hörsaal sehr gut zu sehen. Das Maximum der Leuchtkraft wird nach etwa 2 Tagen erreicht und lässt dann relativ
schnell nach.
Alle leuchtenden Bakterien und möglicherweise auch einige Pilze
haben ein biochemisch ähnliches Leuchtsystem. Die Emission von Licht
ist dabei an die Gegenwart von Reduktionsäquivalenten (NAD(P)H
2),
eines Aldehyds und Sauerstoff gebunden.
Das obige Schema erklärt natürlich fast nichts. Die wichtigen
Fragen zur Chemie bleiben unbeantwortet. Welches Molekül entsteht im
angeregten Zustand und stellt den eigentlichen Emitter dar? Mit welcher
chemischen Reaktion wird der angeregte Zustand erreicht? Welche Reaktion
wird von der Luciferase eigentlich katalysiert? Welche Rolle spielt der
Sauerstoff? Reagiert er direkt oder wird er erst zu Wasserstoffperoxid
oder einem seiner Derivate reduziert? Von der Seite der Chemie gibt es
inzwischen gewisse Vorstellungen zum Mechanismus der Reaktion.
Startmaterial ist das FMNH
2 welches in einer Art en-Reaktion
zum Hydroperoxid oxidiert wird. Diese Bildung von Hydroperoxiden aus ungesättigten Aminen und molekularem Sauerstoff
ist bekannt, wurde vor allem bei Carbazolen beobachtet (1), erfordert allerdings normalerweise Singulett-Sauerstoff (
1O
2).
Das Hydroperoxid oxidiert anschließend einen langkettigen Aldehyd zur Carbonsäure. Die Oxidation von
Carbonylverbindungen (Aldehyde/Ketone) mit Peroxiden oder Persäuren zu Carbonsäuren bzw. Carbonsäureestern wird allgemein
als Baeyer-Villinger-Oxidation bezeichnet. Spektroskopische Untersuchungen
legen es nahe, dass Hydroxyflavin im angeregten Zustand entsteht und unter Lichtemission in den Grundzustand übergeht. Dieser
Mechanismus gibt kaum Antworten auf die oben gestellten Fragen. Es kommen eher noch ungelöste Probleme dazu. So ist die
Baeyer-Villinger-Oxidation schon lange bekannt, aber es wurde noch nie irgend eine Lichtemission beobachtet. Bio- und Chemilumineszenz- Reaktionen
sind meistens Oxidationsreaktionen, wobei das oxidierte Molekül am Ende den Emitter bildet. Auch bei der Lumineszenz von Bakterien handelt es
sich um eine Oxidationsreaktion. Das Erstaunliche daran ist jedoch, dass im entscheidenden Reaktionsschritt (der Bildung des angeregten Zustandes)
aus dem Emitter Wasser abgespalten wird! Das ist zumindest ungewöhnlich und unterstützt meiner Meinung nach nicht den obigen
Reaktionsmechanismus.
Trotz der noch ungeklärten Mechanismusfrage und der darauf beruhenden Unsicherheiten werden Leuchtbakterien für analytische
Zwecke genutzt. Die Intensität des emittierten Lichtes hängt stark von der Qualität des Lebensraumes der Mikroorganismen ab. So
reagieren sie z. B. sehr empfindlich auf Verunreinigungen und Giftstoffe. Man kann also eine Standardsuspension an Leuchtbakterien mit Wasserproben
versetzen und den Rückgang der Lichtemission verfolgen. Der Rückgang der Lichtintensität verhält sich proportional zur Menge an
Verunreinigungen.
An der Sibirischen Universität von Krasnojarsk wird intensiv an Fragen der Biolumineszenz geforscht. Die Kollegen haben mir
freundlicherweise das Bild zur Verfügung gestellt, das zeigen soll wie Leuchtbakterien mit ihrer Umgebung wechselwirken.
Die große Sensitivität gegenüber äußenen Einflüssen, die leichte Kultivierbarkeit und die mittlerweile erschwinglichen und ausgereiften
Methoden zur Lichtmessung haben auch dazu geführt, dass sich Schüler im Rahmen von "Jugend Forscht" mit Leuchtbakterien beschäftigt haben.
Eine Gruppe vom Ohrdruf - Gymnasium Gleichensee hat die
Auswirkung von Kunststoffbestandteilen auf die Biolumineszenz von Leuchtbakterien untersucht und ein Schüler vom Ruperti-Gymnasium, Mühldorf
hat sich mit:
Wenn Bakterien leuchten- Untersuchungen zur Bakteriellen Bioluminesznez beschäftigt. Beide Gruppen waren Landessieger in den jeweiligen
Bundesländern und erfolgreiche Teilnehmer beim Bundeswettbewerb.
"Angel's Glow" ein amerikanisches Mysterium
Im amerikanischen Bürgerkrieg gab es eine berühmte Schlacht in Shiloh am Tennessee River. Im Verlaufe der Schlacht wurden etwa
3000 Soldaten getötet und 16000 verwundet. Die Verwundeten mussten tagelang im kalten, feuchten Aprilwetter ausharren. Bakterielle
Infektionen und Wundbrand waren häufige Todesursachen. Bei einigen Verletzten zeigten die Wunden ein bläuliches Leuchten. Oft waren es
aber gerade diese Verwundeten die überlebten, daher der Name "angels glow". Erst Jahrzehnte später konnte aufgeklärt werden, dass es sich dabei
wahrscheinlich um eine Infektion mit dem Bakterium Photorhabdus lumineszenz handelte. Dieses Bakterium kommt im Speichel von
Nematoden vor. Die Nematoden übertragen die Bakterien auf Insekten und die Bakterien wiederum scheiden Toxine aus, die Insekten töten können und die außerdem
eine antibakterielle Wirkung entfalten. Damit wird das von Nematoden getötete Insekt frei von Befall anderer Bakterien gehalten und kann nach
und nach von der Nematode und den mit ihr symbiontisch lebenden Bakterien verzehrt werden. Die menschliche Körpertemperatur ist normalerweise
zu hoch für Photorhabdus aber die speziellen Bedingungen Anfang April 1862, tiefe Temperaturen und Nieselregen, haben wahrscheinlich dafür gesorgt, dass sich die
verletzten Körperteile ausreichend abkühlen konnten, um Photorhabdus als Lebensraum zu dienen.
Literatur:
R. J. S. Beer, L. McGrath, A. Robertson, Nature 164 (1951) 219; Soc.
(1950) 2118-2126
C.-J. Schulz, Leuchtbakterien in der Ostsee, Biologie in unserer Zeit, 23/2 (1993) 108-112
Komplettes Anzuchtset mit Anleitung
DIN Leuchtbakterientest
Therese Wilson, J. Woodland Hastings, Bioluminescence, Harvard University Press 2013 (Ein wunderbar illustriertes Buch
über das gesamte Gebiet der Biolumineszenz. Es wendet sich nicht nur an Fachleute, sondern vor allem an interessierte Laien, englisch)
Osamu Shimomura, Bioluminescence, World Scientific 2006 (Das ist das Lehrbuch über Biolumineszenz, geschrieben von einem Nobelpreisträger, englisch)
Link zur Sibirischen Universität in Krasnojarsk, Prof. V. Kratasyuk
Why american soldiers glow in the dark
Biogene Insektizide untersucht