titelgraphik Biolumineszenz

Die wunderbare Welt der Biolumineszenz

V. Viviani: "Wherever is life, you can find light"


Beobachtungen von leuchtenden Tieren, Pflanzen und Pilzen gehen schon sehr weit zurück, wahrscheinlich bis Aristoteles (384-322 v. Chr). Einen ersten Übersichtsartikel hat T. L. Phipson 1862 verfasst: "Phosphorescence - or the Emission of Light by Minerals, Plants and Animals". Das Buch ist als reprint erhältlich und auch heute noch lesenswert. Wie aus dem Titel ersichtlich, hat man damals keinen Unterschied gemacht und alle Leuchterscheinungen als Phosphoreszenz bezeichnet. Das ist aus heutiger Sicht natürlich nicht richtig, da wir genauere Definitionen verwenden, die einen physikalischen oder chemischen Hintergrund besitzen. So wird der Prozess, bei dem Licht durch eine chemische Reaktion erzeugt wird, als Chemilumineszenz bezeichnet. Läuft dieser Prozess in einem lebenden Organismus ab, dann nennen wir es Biolumineszenz 1. Heute gibt es eine eigene Gesellschaft, die sich mit Biolumineszenz befasst: Die International Society of Bioluminescence and Chemiluminescence, die auch einen alle zwei Jahre stattfindenden Kongress organisiert.

Biolumineszenz von Meeresorganismen von Steven Haddock

Das ist ein neueres Bild aus einer Publikation von Steven Haddok 2. Er arbeitet am Monterey Bay Aquarium Research Institute, einem der führenden Meeresforschungsinstitute der Welt.

Wie aus den obigen Bildern schon ersichtlich, ist Biolumineszenz besonders im Ozean bei Meeresorganismen, z. B. bei Weichtieren, Hohltieren und Stachelhäutern weit verbreitet. Im Baum des Lebens finden wir Biolumineszenz auch bei Pilzen und Bakterien, aber nicht bei Pflanzen. Bei Arthropoden findet man Biolumineszenz in Insekten, Hundertfüßern und Crustaceen, aber nicht bei Spinnen. Bei Wirbeltieren gibt es Biolumineszenz bei Fischen, aber nicht bei Lurchen, Kriechtieren, Vögeln und Säugetieren. Warum einige Klassen oder Familien gänzlich frei von biolumineszenten Organismen sind, ist nicht klar. Auch der evolutionäre Ursprung der Biolumineszenz ist nicht sicher. Eine Hypothese sagt, dass ganz am Anfang der Entstehung des Lebens der von den ersten autotrophen Organismen freigesetzte Sauerstoff eine problematische Chemikalie war. Das Leben hat mit heterotrophen Organismen in einer sauerstofffreien Atmosphäre begonnen und musste Mechanismen finden, um sich vor Sauerstoff zu schützen. Einer dieser Mechanismen war die Biolumineszenz 3. Dafür spricht, dass es viele verschiedene Reaktionen gibt, mit denen Organismen Licht erzeugen können, d. h. die Fähigkeit zur Biolumineszenz wurde mehrfach unabhängig voneinander erworben. Aber ausnahmslos alle diese Reaktionen benötigen molekularen Sauerstoff, um zu funktionieren.

Wenn schon die Biolumineszenz auf ganz unterschiedlichen Reaktionen beruht, dann darf es nicht verwundern, wenn sie auch in Lebewesen gänzlich verschiedene Anwendungen findet. Im Ozean reicht das Spektrum dabei von Partnersuche, Anlocken von Beutetieren und Erschrecken von Fressfeinden bis zu Tarnung und Täuschung. An Land spielt auch die Kommunikation zwischen Sexualpartnern eine Rolle, möglicherweise auch das Anlocken von Beutetieren. Insgesamt sollte man aber nicht immer den Sinn und Zweck einer biochemischen Reaktion hinterfragen wollen. Licht entsteht bei vielen chemischen Reaktionen und ist oft möglicherweise nur das Nebenprodukt eines anderen Prozesses. So lange diese Lichterzeugung keine direkt negativen Auswirkungen auf das Lebewesen hat, wird sie weiterbestehen.

Chemie und Biochemie

Grundlegende Untersuchungen zur Biolumineszenz gehen auf R. Dubois (1849-1929) zurück. Er stellte bei der Untersuchung von biolumineszenten Muscheln (Pholas dactylus) fest, dass für die Erzeugung von Licht zwei Substanzen notwendig sind, die er aus den Muscheln extrahieren konnte. Eine Substanz erhielt er durch Extraktion mit kaltem Wasser und nannte sie Luciferase, die zweite Substanz erhielt er durch Extraktion mit heißem Wasser und nannte sie Luciferin (Lucifer = Lichtbringer). Diese Begriffe werden bis heute verwendet, Luciferase für ein Enzym, das die Reaktion mit Sauerstoff katalysiert und Luciferin für das Substrat, welches oxidiert wird und für die eigentliche Lichterzeugung verantwortlich ist. Bei der Oxidation des Luciferins entsteht Oxiluciferin (oxidiertes Luciferin) im angeregten Zustand, was dann in den Grundzustand übergeht. Die überschüssige Energie wird als Photon abgestrahlt.



Die photophysikalischen Prozesse entsprechen denen der Lumineszenz. Neben Sauerstoff werden oft jedoch noch Hilfsstoffe wie z. B. ATP oder Ca2+- Ionen benötigt. Bei einigen Reaktionen entsteht auch Kohlendioxid als weiteres Oxidationsprodukt. Die Quantenausbeute (Anzahl der Photonen/umgesetzte Moleküle) der Reaktion ist ein Produkt aus der chemischen Ausbeute der Reaktion, der Ausbeute an Oxiluciferin im angeregten Zuatand und der Fluoreszenzquantenausbeute des Oxiluciferins. Oft werden extrem hohe Quantenausbeuten für Biolumineszenzreaktionen angegeben. So nach dem Motto: "Die Natur macht alles besser". Diese Angaben haben aber neueren Untersuchungen nicht standgehalten 4. Auch die Natur muss sich an die Naturgesetze halten! Zu beachten ist, dass der Begriff Luciferin oft in zweierlei Weise verwendet wird, einerseits als Oberbegriff für Substrate in Biolumineszenzreaktionen, andererseits aber auch als Kurzbezeichnung für das Firefly-Luciferin. Einzelne Biolumineszenzreaktionen findet man unter den entsprechenden Links dieser Homepage, Übersichtsartikel in der Literatur 5.


Beobachtungsmöglichkeiten und Experimente


Biolumineszenz zu beobachten ist nicht ganz einfach, da die Masse an biolumineszenten Organismen im Meer lebt. Ich tauche gerne, wenn ich die Gelegenheit habe und bin auch ein begeisterter Nachttaucher. Daher habe ich schon oft Biolumineszenz von Crustaceen gesehen, wahrscheinlich meist von Vargula hilgendorfii oder einem seiner Verwandten. Bei Berührung leuchten diese Tiere hell auf und zeigen einen blauen Lichtblitz. Eine weitere Möglichkeit ist der Besuch eines Meeresaquariums. Leider hat nicht jedes Meeresaquarium die Möglichkeit dazu. Also auf nach Kalifornien! Sowohl im Meeresaquarium in San Diego als auch im Monterey Bay Aquarium gibt es Meeresorganismen mit Biolumineszenz zu sehen. Das dortige Institut für Meeresforschung ist eines der weltweit führenden Meeresforschungsinstitute, mit eigenen Tauchbooten, Forschungsschiffen und einem wunderbaren Meeresaquarium. Schauen Sie sich auf Youtube den Vortrag zur Biolumineszenz von Edith Widder an, um einen Eindruck zu bekommen. Wenn Sie Gelegenheit dazu haben, dann besuchen Sie einen der Vorträge von Steven Haddok. Er ist nicht nur ein ausgezeichneter Meeresbiologe, sondern auch ein charismatischer Vortragender und sehr guter Web Designer. Seine Bioluminescence Web Page gibt einen Überblick über die Biolumineszenz von Meeresorganismen.


Ein besonderes Erlebnis war das Schwimmen in einem Meer von Biolumineszenz, hier beim Urlaub in Jamaika

Aber auch an Land gibt es Beobachtungsmöglichkeiten. In Europa kann man in vielen Gegenden noch Glühwürmchen sehen. Mit etwas Glück findet man auch leuchtendes Mycel vom Hallimasch (Armillaria mellea) oder bei einer Reise nach Südeuropa den Leuchtenden Ölbaumpilz (Omphalotus olearius). Wenig bekannt ist, dass es in Deutschland auch Hundertfüßer mit Biolumineszenz gibt. Sie werden bereits im Stresemann - Exkursionsfauna von Deutschland - erwähnt, aber bisher hatte ich nur zwei Fundmeldungen von überraschten Wanderern, die natürlich keine Kamera dabei hatten. Eine in Vergessenheit geratene Biolumineszenz ist die Biolumineszenz von Pilzmücken (Ceroplatus testaceus). Die Larven leben an der Unterseite von Porlingen und fressen Pilzsporen 6. Erstaunlicherweise zeigen sie ein schwaches Leuchten, das von den eingelagerten Fettreserven ausgeht. Die Chemie, die sich dahinter verbirgt, ist noch gänzlich unbekannt. Diese Pilzmücken sind Verwandte der berühmten Bolitophila luminosa - Pilzmücken aus der Waitomo Höhle in Neuseeland. Wenn man nichts findet, dann kann man seinem Glück nachhelfen und Biolumineszenz kaufen. Eine wunderbare Möglichkeit ist es, Leuchtpilze zu züchten. Man kann sich das Mycel vom Herben Zwergkäueling (Panellus stipticus) erwerben und damit in die Pilzzucht einsteigen. Sowohl die Fruchtkörper als auch das Mycel zeigen eine gelbgrüne Biolumineszenz. Das Mycel kann man sich über den Internethandel besorgen, die Anzucht ist nicht schwierig und das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen.

Das Stück Eichenholz bei Dunkelheit mit einer schönen, grünlichen Biolumineszenz

Auf der Seite über die Biolumineszenz von Bakterien gibt es eine Kulturanleitung zur Leuchtbakterienzucht. Das Ganze geht aber auch noch einfacher. Den Ostracoden Vargula hilgendorfii gibt es in getrockneter Form zu kaufen (z. B. bei Schlüter Biologie ). Das Besondere daran ist, dass die Aktivität der Luciferase und die Struktur des Luciferins bei der Trocknung erhalten geblieben sind. Man muss die Ostracoden also nur in einem Mörser zu Staub zerreiben und mit wenig Wasser versetzten, um eine schöne, blaue Biolumineszenz zu sehen. Also auf geht's! Erkunden Sie die wunderbare Welt der Biolumineszenz!

Hinweis: Translunarien bietet gleich zwei Tiere mit Biolumineszenz, den Leuchtkamm (Gallopus luminarius) und die Christbaumleuchtschlange (Epicrates ignava) 7.

Noch ein Hinweis: Wer ein schönes Biolumineszenz- Geschenk oder -Andenken kaufen möchte, ist bei Zazzle richtig.

Literatur

  1. U. Matern, Geschichte und Mechanismus der Biolumineszenz, Biologie in unserer Zeit, 14/5 (1984) 140-149
  2. Steven H.D. Haddock, Mark A. Moline, and James F. Case, Bioluminescence in the Sea, Annual Review of Marine Science 2 (2010) 443-449
  3. M. B. Barros, E. J. H. Bechara, Bioluminescence as a possible oxygen detoxifying mechanism in elaterid larvae, Free Radical Biology & medicine, 24/5 (1998) 767-777
  4. Ando, Y.: Firefly bioluminescence quantum yield and colour change by pH-sensitive green emission. - Nature Photonics 2 (2008) 44-47.
  5. T. Goto, Y. Kishi, Luciferine, bioluminescierende Substanzen, Angewandte Chemie, 11 (1968) 417-452
  6. H. Scherf, Natur und Museum 100 (1970) 111-119
  7. F. Kögel, M. Ludwig, Der BLV Tierführer Translunarien


Buchtipps